In der Zentralgruppe der ersten Liga scheinen die Würfel fast schon gefallen. Im Spitzenkampf zwischen Brandis und Thun hat der Leader aus Hasle-Rüegsau seinem Gegner eindeutig die Grenzen aufgezeigt.
4:3 und somit nur ein Tor Unterschied: Die Partie zwischen den beiden Spitzenteams Brandis und Thun war eine spannende Affiche. Das kann jeder Fan aus dem Resultat herauslesen, ohne das Brünnli-Stadion am vergangenen Mittwoch betreten zu haben. Und tatsächlich hatten die in Rückstand liegenden Thuner gegen Ende gute Möglichkeiten die Partie auszugleichen, was diese These stützen würde. Faktisch aber waren die Oberländer von einem Sieg weit entfernt. Denn selbst wenn die Thuner den Ausgleich erzielt hätten, wäre Brandis beim Abpfiff in der 60. Minute als Sieger vom Eis gegangen. Brandis machte nämlich den Eindruck, als könnten sie die eigene Leistung mit einem Fingerschnippen verbessern. Es schien, als würden die Hasle-Rüegsauer phasenweise selbst die Handbremse ziehen, weil eine noch bessere Leistung für den Sieg gar nicht nötig gewesen war.
Zu viel Selbstvertrauen
Darauf angesprochen reagieren die Hauptfiguren des Erfolges im Spitzenkampf, die Torschützen Patric Buri, David Malicek und Marco Blaser, gleich. Zuerst folgt ein «Nein, so viel besser waren wir nicht» und «Thun war ein guter Gegner», wenig später aber geben alle zu: «Brandis hätte noch besser spielen können.» Der EHCB konnte es sich leisten einen Fehlstart hinzulegen und im ersten Abschnitt drei Tore zu kassieren. Im Mitteldrittel waren sie meist überlegen und wendeten das 2:3 in ein 4:3. «Vielleicht hatten wir im ersten Drittel zu viel Selbstvertrauen», sagt Stürmer Marco Blaser mit einem Schmunzeln und verweist auf die mittlerweile 15 Pflichtspiele andauernde Siegesserie. Blaser gibt deshalb auch offen zu: «Im Hinterkopf kann schon der Gedanke sein: «Am Schluss genügt es sowieso». Der ist aber mit Sicherheit weg, wenn es ernst wird.»
Mehr Konstanz für die Playoffs
Dieses Problem wiederum ist dem Modus zuzuschreiben. Die Spiele vor den Playoffs werden fast ohne Bedeutung absolviert, die meisten Klassierungen sind längst definitiv. Die Anspannung fehlt – so wie bei Brandis, läuft es aber auch bei anderen Teams. Verteidiger David Malicek sagt aber dennoch, dass keiner diesen Spitzenkampf auf die leichte Schulter genommen hat. Und letztlich habe eigentlich nur die Konstanz gefehlt, damit in der Brandis-Leistung nichts zu bemängeln gewesen wäre. Diese Konstanz will Malicek mit seinen Kollegen denn auch anstreben, denn «wenn wir mit Tempo spielen, dann sind wir überlegen. Anstatt nur während 40 Minuten wie gegen Thun, müssen wir das in den Playoffs während 60 Minuten tun.»
Das werde dem EHC Brandis auch gelingen, ist Patric Buri überzeugt. Er, der in bisher fünf Masterround-Spielen bereits neun Tore erzielt hat, sagt: «Wenn die Playoffs beginnen, dann weht schon im ersten Training ein ganz anderer Wind.» Gerade in der aktuellen Phase sei es aber menschlich, nicht immer mit der gleichen Konsequenz zu spielen. «Nach so vielen Siegen kommt irgendwann einmal ein Zwischentief. Dass wir dennoch gewinnen, zeigt, dass wir gut reagiert haben.»
Mindestens ein Titel
Welche Schlüsse lassen sich nun aus diesem erst auf den zweiten Blick deutlichen Sieg gegen Verfolger Thun ziehen? Keine und alle. Wie Brandis wird auch Thun in den Playoffs konsequenter sein. Und auch Thun wird in einem erneuten Aufeinandertreffen besser sein als am vergangenen Mittwoch. Der Playoff-Effekt hat aber gerade für spielerisch starke und schnelle Teams ein noch grösseres Ausmass. Wenn es Brandis nämlich gelingt, in der wichtigen Phase eine konstant gute Leistung am eigenen Zenit zu erbringen, dann ist selbst die zweitbeste Mannschaft ein (zu) kleines Hindernis auf dem Weg zum Zentralgruppen-Titel. Der Fortschritt ist im Vergleich zu anderen Teams, die näher an ihrem Zenit sind, kann deutlich grösser sein. Interessant wird es deshalb möglicherweise erst in der Finalrunde gegen die besten Teams aus den Gruppen Ost und West. «In den letzten Jahren hat es keine starke Mannschaft auf Anhieb geschafft, diesen Titel zu gewinnen. Alle brauchten ein zweites Jahr», warnt Patric Buri. Zugleich wäre aber alles andere als eine sehr lange Saison mit mindestens einem Titel für den EHC Brandis eine herbe Enttäuschung. Den Schweizermeistertitel in der ersten Liga als Ziel zu nennen wäre nach dem bisherigen Verlauf der Saison nicht untertrieben.
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