Stadionneubau: Von unscheinbar im Untergrund bis hin zum pompösen neuen Wahrzeichen

An der Berner Fachhochschule für Architektur werden derzeit Projekte und Diplomarbeiten im Zusammenhang mit der Entwicklung von Langenthal erarbeitet. Rund 220 Studierende in den Lehrgängen für den Bachelor und den Master in Architektur befassen sich dabei mit der Weiterentwicklung der Stadt. Ein Kernthema ist der Bau eines neuen Eishockeystadions, wofür die Studierenden zahlreiche und unterschiedliche Lösungen gefunden haben.  

Das Thema Stadionneubau ist in Langenthal in aller Munde. Im Jahr 2021 endet der Baurechtsvertrag für das Schorenstadion, sodass danach eine neue Lösung für den Langenthaler Eissport vorhanden sein müsste. Es besteht zwar die Möglichkeit, diesen Vertrag einmalig auf zehn Jahre zu verlängern, spätestens danach braucht der SC Langenthal mitsamt seiner Juniorenabteilung ein neues Zuhause. Vorschläge gibt es dafür seit Kurzem von der Berner Fachhochschule für Architektur in Burgdorf. Deren Studierende in den Lehrgängen vom Bachelor und dem Masterstudium haben im laufenden Semester diverse Projekte im Zusammenhang mit der Entwicklung von Langenthal erarbeitet. In unterschiedlichen Schwerpunkten wurden Projektarbeiten verfasst, bei welchen die Studierenden Vorschläge für unterschiedliche Bauten erarbeitet haben. Eines der Kernthemen ist der Bau eines neuen Eishockeystadions auf dem Langenthaler Reitplatz. Die Studierenden müssen sich dabei mit dem bestehenden Ort, den infrastrukturellen Bedürfnissen und einer möglichen gewerblichen Mantelnutzung befassen. Zuletzt soll das Stadion über 6000 Plätze verfügen und gemäss den Richtlinien des Bundesamtes für Sport sämtliche Voraussetzungen für den erfolgreichen Eissportbetrieb erfüllen. Weil am vergangenen Montag die Schlusskritik für die erste Projektierphase erfolgt ist, bestehen bereits zahlreiche Lösungsansätze für ein neues Eishockeystadion. Defacto könnten diese Vorschläge zwar umgesetzt werden, bräuchten zugleich aber weitere genaue Untersuchungen und Planungen. Deshalb bieten sie insbesondere der Stadt Langenthal einen breitgefächerten Ideenfundus, um mit den verschiedenen städtebaulichen Brennpunkten umzugehen. Die Resultate – insbesondere jene rund um den Stadionneubau – sind aktuell im Foyer der Berner Fachhochschule für Architektur in Burgdorf ausgestellt.

Harmonie mit dem Ortsbild

BildWichtig war für die Umsetzung insbesondere die Innenverdichtung, mit welcher sich Städte vermehrt beschäftigen müssen, sagt Urs Heimberg, Fachbereichsleiter Architektur. «Es gibt fast keine grünen Wiesen mehr, auf denen wir bauen könnten. Deshalb müssen wir aus den vorhanden Plätzen etwas herausholen», erklärt er. Die Mantelnutzung war deshalb ein wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der Projektierung. «Die Frage war: Was kann dieses Stadion bieten, wenn nicht gerade Spiele oder Trainings stattfinden. Zudem sollte der Bau ins Ortsbild passen und mit der Umgebung harmonieren.» Die Lösungen sind bei diesen Aufträgen sehr unterschiedlich, verrät Eva Herren, Assistierende Leiterin des Studios. «Einige haben versucht, das Areal mit Büroräumen oder Verkaufsläden zu beleben. Andere haben weitere Sporträume wie Fitness- oder Wellnesscenter und eine angebundene Curlinghalle sowie ein zweites Eisfeld genannt.»

Ein Augenmerk wurde bei der Realisierung auch auf den Boden gelegt, auf welchem das Stadion später stehen soll. Der Reitplatz, direkt neben dem Bahnhofareal, ist eine ehemalige Mülldeponie. Der Boden ist kontaminiert und vorbelastet. Auch hier gab es unterschiedliche Vorgehensweisen, damit umzugehen. «Eine Gruppe hat sich entschieden, den Boden auszuheben und das komplette Stadion in den Untergrund zu bauen. Auf Bodenniveau soll ein Platz mit Zuschauertribünen entstehen – sprich ein Platz für Langenthal, der als Public Viewing, Marktplatz oder für andere Sport-events wie ein Schwingfest gebraucht werden kann», so Eva Herren weiter. Das Stadion würde so im ersten Moment gar nicht auffallen, der vielseitig nutzbare Platz darüber wäre ein Begegnungsort für die komplette Langenthaler Bevölkerung.

Beitrag zur Identität

Bild4Demgegenüber gab es aber auch pompöse und wuchtige Stadien, welche das Auge des Betrachters automatisch in seinen Bann ziehen. «Der Wiedererkennungswert war ein wichtiges Beurteilungskriterium», erklärt Urs Heimberg. Ein Wahrzeichen zu erschaffen, sei immer ein architektonisches Ziel, insbesondere bei grossen Bauten. «Ein solcher Bau soll einen Beitrag zur Identität einer Stadt leisten können. Städte werden von solchen Objekten geprägt.» Diese Aufgabenstellung hatte entsprechenden Einfluss auf das Aussehen der Projekte, so ermöglichte eine Gruppe den Blick von aussen in den inneren Raum des Stadions als markantes Merkmal.

Weil die Studierenden, welche diese Stadionprojekte erarbeitet haben, mittlerweile im letzten Studienjahr sind und kurz vor dem Abschluss stehen, werden diese Projekte nun zu Thesisarbeiten weiterverarbeitet. Einzelne Studenten befassen sich dabei auch mit der wirtschaftlichen Machbarkeit sowie der Kostensituation für dieses Stadion. Gerade aus finanzieller Hinsicht wären nicht alle erarbeiteten Stadien für die Oberaargauer Hauptstadt realisierbar. Doch auch hier gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten, von welchen die Stadt Langenthal profitieren soll.

Möglichkeiten für Markthalle

Neben dem Stadionneubau haben sich die Studierenden in anderen Studios beispielsweise mit der Entwicklung des Markthallenareals befasst. Dort wurden generelle Möglichkeiten zur Veränderung und Belebung behandelt. Eine Gruppe schlug ein Wohnquartier vor, ein weitere erarbeitete eine Erweiterung des Langenthaler Ortskerns auf das Markthallengebiet, indem weitere gewerbliche Räume und Verkaufsläden entstehen sollen. Zudem wurden in anderen Projekten die Schaffung neuer Schulen oder Wohngebiete thematisiert. Auch hier wurde Wert auf die Innenverdichtung sowie die Harmonie mit dem örtlichen Bild gelegt.

Die Resultate der Studien sollen im nächsten Jahr in einer Ausstellung in Langenthal der Bevölkerung präsentiert werden. Die Stadt will die Studien nutzen, um der Bevölkerung mögliche Veränderungen im Ortsbild aufzeigen zu können. Mit diesen Vorzeigeprojekten erhält der Langenthaler Richtplan ein Gesicht, unter dem sich die Bürger etwas vorstellen können. Entsprechend eng wurde mit dem Stadtbauamt während der Projektphase zusammengearbeitet. Zwar sind dies keine definitiven Lösungsansätze, genau wie beim Stadionneubau bieten sie aber neue Lösungsansätze, welche die städtebaulichen Projekte vorantreiben können.

 

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